Sonntag, 8. Dezember 2013

Ich bin Daisies

Ich bin Daisies.
Ich bin Mutter von zwei erwachsenen Kindern die ich alleine großgezogen habe

Ich bin jetzt Grafikdesignerin
Ich bin Autist
Und ich liebe Fernsehen.
Habe ich schon immer. Über das Fernsehen habe ich die Welt kennegelernt.
Man muss vorsichtig sein mit so einem Statement, denn es gibt viele Menschen die glauben sie wüssten wie die Welt tickt, bloß weil sie Reality TV schauen.
Das kann natürlich nicht funktionieren.
Aber als Autist (ich habe das Asperger-Syndrom) habe ich halt so meine Probleme mit echtem Kontakt zu echten Menschen. Zusätzlich macht mir das Asperger-Syndrom das lesen schwer. Es ist nicht so dass ich einem Legastheniker ähnlich die Buchstaben nicht unter Kontrolle bringen würde. Vielmehr kann ich Gelesenes häufig nicht gut einordnen und verstehen.
Romane kann ich gut lesen. (Oder meine geliebten Comics.) Aber, wie ich gerade bei meinem Fernstudium wieder erkennen durfte, wenn ich mit Hilfe von Büchern lernen möchte, gerate ich sehr schnell an meine Grenzen. Es bedarf dann viel eigener Schreibarbeit, in der ich das Gelesene aufarbeite und für mich aufnehmbar in eine Form bringe die es mir ermöglicht das Gelesene auch zu behalten.

 Kurz nachdem ich die Schule 1986 (oder so) verlassen hatte, habe ich im Fernsehen die erste Dokumentation gesehen.
Das war eine aufregende Erfahrung.
Ich hatte elf Jahre lang die Waldorfschule besucht, - und ich möchte sagen dass ich wirklich außerordentlich gerne zur Schule gegangen bin! - und habe es geschafft trotz eines IQs von 132 (das weiß ich erst seit einigen Jahren) als deutlich unterbelichtet zu erscheinen. Gegen Ende meiner Schulzeit wurde immer häufiger das Wort "zurückgeblieben" im Zusammenhang mit mir gebraucht.
Besonders in Mathe bin ich gnadenlos durchgefallen.
Es war nicht so dass ich die Rechenwege nicht verstanden hätte. Wurde mir ein Beispiel erklärt, war es für mich immer logisch. Aber sobald dann andere Zahlen in anderen Aufgaben benutzt wurden, ist ein unglaubliches Chaos in meinem Kopf entstanden. Besonders auch weil Zahlen häufig mit einer Farbe in meinem Kopf erscheinen, was dann, am schlimmsten bei Geteilt-Aufgaben, eine entsetzliche Mischung ergeben hat.
Aber ich war in vielen Fächern unbrauchbar. Ganz besonders auch Geschichte.
Und diese erste Dokumentation die ich damals gesehen habe, war etwas geschichtliches. Antikes Griechenland.
Und ich war sehr erstaunt zu sehen wieviel ich wusste. Es war ja nicht so als hätte ich nicht aufgepasst in der Schule. Ich konnte bloß mit dem Gehörten, Gelernten, damals nichts anfangen.
Und am Ende der Schulzeit hatte ich die Aussage dass ich dumm sei gut verinnerlicht.
Und plötzlich fingen Dinge an Sinn zu ergeben...
Seither habe ich hunderte Dokumentationen gesehen.
Meine Bildung von der Waldorfschule hat eine außerordentlich gute Grundlage gebildet, und die Dokumentationen haben stabil darauf aufgebaut.
Schade dass es damals noch keine Video-Tutorials gab.
Mein Schulabschluss hätte bestimmt anders ausgesehen.
(Aber ich möchte deutlich zufügen dass ich den erweiterten Sek. I habe. Den habe ich nach meiner Waldorfschulzeit nachgeholt. Als ich mir langsam bewusst wurde dass ich klug bin. Als ich in einer neuen Klasse war, die mich nicht aus Gewohnheit gemobbt hat.)


Aber es ist nicht so dass ich nur WissensTV sehe. Das war nur ein kleiner Exkurs um mich vorzustellen. Ich schaue alles Mögliche im Fernsehen. Aus ganz unterschiedlichen Beweggründen heraus. Und Unterhaltung steht dabei nicht am Ende...
Gerade aber weil ich viel Fernsehe um verschiedene Dinge zu sehen, kennenzulernen, ich weiß nicht, halt irgendwie dranzusein, rege ich mich auch ganz viel über das Fernsehen auf.
In letzter Zeit habe ich einiges was mich besonders aufregt auf meiner Facebookseite notiert. Aber ich habe das Gefühl dass meine Freunde dafür nur wenig Verständnis haben.
Die meiste Kritik erntet natürlich RTL. Und normalerweise werde ich dann gescholten dass es ja meine eigene Schuld ist, wenn ich auch RTL sehe.
Ich möchte das aber so nicht gelten lassen. Normalerweise sehe ich nie irgendwas wo irgendwas/jemand gesucht wird. Aber tatsächlich ist es so dass dort Dinge passieren, die Auswirkungen auf die Gesellschaft haben. (Dieser Wunsch nach äußerlich eher unattraktiven Wundersängern z.B.)
Wie gesagt. Ich gehe nicht viel unter Menschen. Ich gehe nicht ins Kino, auch nicht ins Theater, oder welcher Richtung auch immer gearteten Konzerte.
Ich verbringe mein Leben zuhause.
Tagsüber vor dem Computer, abends kommt dann der Fernseher dazu. (Es ist eine feste Regel dass der Fernseher erst am Abend angeht.) (Normalerweise 18:30h, RTL Exclusiv.)
Tatsächlich nur den Fernseher laufen habe ich seit einigen Jahren fast nie. In der Regel arbeite ich am Computer, und höre das Fernsehprogramm größtenteils.

Ich mache den Fernseher aber auch nicht aus wenn es nichts gibt.
Das ist eine sehr unangenehme Stille am Abend, die ich nur schwer aushalten kann.

Fernsehen hat für mich noch einen weiteren Aspekt:
ich kann darüber sprechen!
Ich kann, wenn ich mit Menschen zusammen bin, nur außerordentlich schwer Gespräche führen. Auch als Kind.
Aber wenn das Gespräch aufs Fernsehen kam, dann ging es. Ich wusste nicht nur was zu sagen, ich konnte auch sehr gut imitieren. Das war zu einer Zeit als Otto Waalkes populär war, sehr hilfreich.
Wie ich weiter oben schon angerissen hatte war ich nicht besonders beliebt in meiner Klasse. Auch mein Lehrer konnte nicht viel mit mir anfangen, wie er mir später auch ganz unumwunden gestanden hat. Meine prominenteste Erinnerung an meinen Lehrer ist dass er mich fast täglich auffordert "nicht so muffig zu gucken". (Das war aber nur die fehlende Mimik, wie es normal ist für Aspies.)
Ebenfalls durch die fehlende eigene Mimik habe ich mir mein Lebenlang Vorbilder genommen. Ich imitiere ständig, in Wort, Tonfall, Mimik, Gestik...
Und das hat es mir leicht gemacht Otto sehr lebensnah wiederzugeben
In der 6. Klasse hat es so eine kurze Zeit gegeben, in der ich zu einigen Geburtstagen eingeladen wurde.

Aber nun ja, dieses soll ja kein Blog sein über mein Leben als Aspie, (der ja tatsächlich auf Englisch existiert.) sondern nur ein kleiner Exkurs der aufzeigen soll warum ich so fernsehe wie ich es tue, und warum ich mich dann am Ende so darüber aufrege.
Ebenfalls vorausschicken möchte ich dass ich mich jetzt als Grafikdesigner natürlich sehr für Werbung interessiere, aber dieses Interesse ist nicht erst durch das Studium entstanden.
Für Werbung habe ich mich schon immer interessiert.
Gute Werbung hat mich schon immer begeistert
Schlechte Werbung hat mich schon immer geärgert


Und hier richte ich mir jetzt ein kleines Plätzchen ein, wo ich das alles was mir so durch den Kopf geht mal abladen kann.

Mein Name ist natürlich auch nicht Sloan.
Den Namen habe ich mir gegönnt, weil ich ein ganz großer Fan von Diagnose Mord bin.
Von Dick Van Dyke und seinem Sohn Barry.
Sie spielen Dr. Mark Sloan, und seinen Sohn Lt. Steve Sloan.